Tradition...

…und was damit passiert ist

Hier eine Definition, die man auf Wikipedia finden kann:

Tradition (von lateinisch tradere „hinüber-geben“ oder traditio „Übergabe, Auslieferung, Überlieferung“) bezeichnet die Weitergabe (das Tradere) von Handlungsmustern, Überzeugungen und Glaubensvorstellungen u. a. oder das Weitergegebene selbst (das Traditum, beispielsweise Gepflogenheiten, Konventionen, Bräuche oder Sitten). Tradition geschieht innerhalb einer Gruppe oder zwischen Generationen und kann mündlich oder schriftlich über Erziehung, Vorbild oder spielerisches Nachahmen erfolgen.

 

Hier ist meine Theorie

Meine Theorie in Bezug auf Kampfkunst ist wie folgt, gehen wir in der Zeit 5000 Jahre zurück:

Jemand hatte eine gute Idee, wie man am besten kämpft. Dann ist unser Held mit seiner Idee kämpfen gegangen und wenn die Idee wirklich gut war, ist er auch wieder nach Hause gekommen. Wenn die Idee mehrfach gut geklappt hat, hat er das dann seinen Kindern erzählt, die das auch ausprobiert haben. Wenn Ideen (Strategien, Bewegungen usw.) sich über mehrere Generationen bewährt hatten und weitergegeben wurden, war eine Tradition entstanden.

Da die Bedingungen auf der Welt an verschiedenen Orten unterschiedlich sind, gibt es natürlich viele verschiedene Traditionen, jeweils angepaßt an die lokalen Bedingungen. Wenn man das versteht, erübrigt sich die Diskussion, welche Tradition die beste ist.

Was passierte in der näheren Vergangenheit?

Ich hatte ja bereits geschildert, daß die Gesellschaft friedlicher geworden ist, diese positive Entwicklung hatte jedoch zur Folge, das weniger Menschen echte Kampferfahrung haben.

Zudem wurden in den beiden letzten Jahrhunderten viele der alten Traditionen, die sich durch echte Kampferfahrung entwickelt hatten, verändert. Der Fokus veränderte sich von „Überleben“ auf persönliche Entwicklung oder Wettbewerb. Die „Do“ Kampfsportarten entwickelten sich. Ehemals sehr wirksame Bewegungen wurden verboten, weil diese im Wettkampf zu viele Verletzungen produzierten.

Es gibt heute in den zivilisierten Gesellschaften, wie gesagt, nur relativ wenig Menschen, die wirkliche Kampferfahrung haben, geschweige denn den Erfahrungshorizont, den historische Kampfkunsttraditionen über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende in Kriegssituationen unter vielen verschiedenen Bedingungen angesammelt haben.

Leider werden heute auch in echten Traditionen viele Fehler und Halbwahrheiten weitergegeben. Dieser Umstand macht es oft schwierig, die Traditionen richtig zu verstehen und korrekt zu üben. Man muß das überlieferte Wissen sorgfältig studieren, sich anstrengen, sein Gehirn einschalten und so lange arbeiten, bis es funktioniert.

Diversität - oder warum Vielfalt besser ist

Dabei ist es besonders wichtig, daß es nicht nur mit Leuten derselben Tradition funktioniert, sondern mit jedermann. Man kann böse auf die Nase fallen, wenn man mit Menschen außerhalb der Tradition bewegt und auf einmal gar nichts mehr klappt. Das kommt daher, daß sich die Mitglieder einer Organisation oder Tradition gegenseitig in Ihren Bewegungen konditionieren und damit schöne Luftschlösser bauen. Also, schau über den Tellerrand, trainiere mit anderen Stilrichtungen und freu Dich, wenn Deine Luftschlösser einstürzen.

Auch um eine Sache wirklich zu begreifen, ist es nützlich, sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Aus diesem Grund ist das Studium verschiedener historischer Traditionen sehr nützlich, um Kampfkunst besser zu verstehen. Daher ist es ein wichtiger Schritt, um tiefer einzudringen, sich mit weiteren Traditionen zu beschäftigen. 

Interessanterweise gibt es innerhalb verschiedener Traditionen Prinzipien, die sich in abgewandelter Form wiederholen. Über die Jahrzehnte habe ich in den Traditionen, mit denen ich mich beschäftigt habe, übereinstimmende Grundprinzipien der Mechanik und Taktik gefunden. Mit einem gutem Verständnis dieser Grundprinzipien, kann man noch effektiver üben.

Fazit Tradition

Was kann man jetzt aus diesen Ausführungen für persönliche Schlüsse ziehen?

Erstens, für wirksames Training kommt man nicht um das Studium von echten Traditionen herum.

Zweitens, man muß sich ernsthaft anstrengen, die vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten der einzelnen Traditionen richtig zu verstehen und zum Funktionieren zu bringen.

Drittens, falls man das mit verschiedenen Traditionen geschafft hat, kann man allgemeine Wahrheiten oder übergreifende Prinzipien finden und so weiter zum Kern der Kunst vordringen.